Das Belle II-Experiment wird am japanischen Forschungszentrum KEK in Japan betrieben und untersucht Kollisionen von Elektronen und Positronen bei extrem hohen Kollisionsraten. Das internationale Team von Forschenden will damit unter anderem einem der größten Geheimnisse der Physik auf die Spur kommen – warum es uns überhaupt gibt. Um bei den Kollisionen bisher unbekannte Prozesse zu beobachten oder Messungen mit höchster Genauigkeit durchzuführen, muss die Energie von Photonen, die bei den Zusammenstößen entstehen, möglichst genau vermessen werden.
Dafür verantwortlich ist das elektromagnetische Kalorimeter des Belle II-Detektors. Es besteht aus fast 9000 Cäsiumiodid-Kristallen mit Thallium-Dotierung, die um den Kollisionspunkt angeordnet sind. Die Thallium-Dotierung sorgt für eine besonders hohe Lichtausbeute und damit eine sehr gute Energieauflösung der Belle II-Kristalle. Diese Kristalle sind in der Lage, die in ihnen deponierte Energie, aber auch die Ankunftszeit der Teilchen und weitere Eigenschaften mit höchster Präzision zu messen. Dabei registrieren meist mehrere Kristalle Teile der Energie eines einzelnen hochenergetischen Photons, das in der Kollision entstanden ist. Gleichzeitig registrieren die Kristalle Energie von verschiedenen Hintergrundprozessen, die es von der Photonenenergie zu trennen gilt.
Die am KIT entwickelte KI basiert auf Graph Neural Networks und ist in der Lage, nicht nur die Kristalle zu bestimmen, die die Energie eines Photons registriert haben, sondern auch herauszufinden, wie viel dieser Energie tatsächlich von jedem Photon stammt. Diese Fähigkeiten erlauben ihr auch, Photonen zu unterscheiden, die so nah beieinander liegen, dass ihre Energie von denselben Kristallen registriert wird: Denn im Unterschied zum bisherigen Algorithmus nutzt die KI auch Informationen benachbarter Kristalle und kann sie in Beziehung zueinander setzen.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Belle II-Detektor asymmetrisch aufgebaut ist und Kristalle mit unterschiedlicher Form und Größe zum Einsatz kommen.
Diese Informationen sind mit den sehr flexiblen Graph Neural Networks besser zu verarbeiten und können dadurch die Präzision des bisher verwendeten Algorithmus übertreffen.
Zum Training des Algorithmus haben die Forscher*innen das TOpAS GPU Cluster des Steinbuch Centre for Computing (SCC) des KIT verwendet.
In Zukunft soll die KI nun lernen, auch andere Teilchen wie Neutronen oder neutrale Kaonen zu messen.