BGNet: Ein neues Modell zur Kontrolle des Untergrundes

Unerwünschte Untergrundstrahlung erschwert die Analyse, schadet dem Detektor und ist deswegen ein großes Problem für den reibungslosen Ablauf teilchenphysikalischer Experimente, wie dem Belle II-Experiment. Forschern der Universität Göttingen ist es nun gelungen, ein neues Machine-Learning-basiertes Modell zu entwickeln, das in Echtzeit auf Daten angewendet werden kann und im Belle II-Kontrollraum einen schnellen Überblick zur zeitlichen Veränderung des Untergrunds erlaubt.

Der Untergrund: Der wunde Punkt des Belle II-Experiments

In dem Super-KEKB Beschleuniger, dem Elektron-Positron Speicherring des Belle II-Experimentes, werden Elektronen- und Positronenstrahlen bei hoher Geschwindigkeit kollidiert. Dazu müssen die Strahlen für viele Stunden im Vakuum der Strahlröhren gespeichert werden, um schliesslich am Wechselwirkungspunkt, auf ein winziges Raumvolumen fokussiert, kollidiert zu werden. In diesem Verfahren gehen kontinuierlich Teilchen verloren; wenn das in der Nähe des Wechselwirkungspunktes geschieht, können sogenannte sekundäre Teilchenschauer den Belle II-Detektor erreichen. Diese unerwünschte ionisierende Strahlung limitiert die Lebensdauer des Belle II-Detektors. Besonders hoch sind die Strahlverluste übrigens in den ersten Millisekunden jeder Neuinjektion von Teilchen, die aufgrund des hohen Verlustes regelmäßig aufgefüllt werden müssen.

Machine-Learning zur Untergrundprognose

Die Belle II-Forschungsgruppe in Göttingen hat nun ein neues Modell entwickelt, das die Untergrundrate noch besser einschätzen soll – und zwar in Echtzeit. Dafür zerlegen die Forscher die am Belle II-Detektor gemessene Untergrundrate in ihre physikalischen Komponenten und unterscheiden etwa zwischen Streuung mit Restgas-Atomen, Strahlverlusten im Speicherring (Touschek Effekt) und dem bereits erwähnten Injektionsuntergrund, also den Strahlverlusten, die entstehen, wenn der Teilchenstrahl nachgefüllt wird. Das BGNet Modell schätzt die Untergrundrate für jede dieser Komponenten als Produkt aus zwei Faktoren. Nämlich einerseits die theoretisch erwarteten Abhängigkeiten von Teilchenstrom, Gasdruck oder Teilchendichte. Der zweite Faktor basiert auf einem neuronalen Netz, das die Sensitivität gegenüber der jeweiligen Komponente lernen soll. Dieser zweite Faktor ist essenziell, um das Modell für Belle II zu optimieren.

Echtzeitkontrolle für Belle II

Für diese Optimierung wird das Modell jetzt auf älteren Daten von Super-KEKB und Belle II trainiert und damit optimal an das Belle II-Experiment angepasst, wie Benjamin Schwenker, Wissenschaftler an der Universität Göttingen, berichtet: „Mithilfe von maschinellem Lernen minimieren wir die Differenz zwischen der vorhergesagten und gemessenen Rate. Das Modell kann in Echtzeit auf Daten angewendet werden und bietet im Kontrollraum einen schnellen Überblick zur zeitlichen Veränderung des Untergrunds.“ Die Arbeit der Belle II-Gruppe in Göttingen ist ein wichtiger Schritt zur Machine-Learning-basierten Optimierung des Super-KEKB Beschleunigers und soll die Belle II-Datenname unter den bestmöglichen Bedingungen unterstützen.

http://arxiv.org/abs/2301.06170

 

 

Die deutschen Arbeitsgruppen im Belle II-Experiment werden mit Finanzmitteln folgender Einrichtungen und Programme gefördert:

  • Alexander von Humboldt Foundation
  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), insbesondere im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder:
    • „ORIGINS“: EXC-2094 – 390783311
    • “Quantum Universe”: EXC-2121 – 390833306
  • European Research Council
  • European Union’s Horizon 2020 – grant agreement No 822070
  • Helmholtz-Gemeinschaft
  • Max-Planck-Gesellschaft
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